Eine Alternative: der evolutionäre Humanismus

Manifest des Evolutionären Humanismus

Es zeigt sich zusammenfassend, dass zumindest die abrahamitischen Religionen weder der Orientierung in der äußeren noch in der inneren Welt taugen. Mehr noch: Diese Weltanschauungen sind nicht nur nutzlos, sondern hinsichtlich einer lebenswerten Welt kontraproduktiv: Sie verhindern eine realistische Perspektive und sind immer wieder Instrument bestialischer Verbrechen.

Man könnte auf den verwegenen Gedanken kommen, dass es auf der Welt ohne Religion noch schlimmer zugehen würde. Das ist kaum vorstellbar aber immerhin: Es stellt sich die Frage nach einer Alternative.

Es ist keineswegs so, dass ethische Positionen ausschließlich religiös begründbar sind – von der Fadenscheinigkeit dieser Begründungen einmal abgesehen. Auch erklärte Gegner jeder Religion vertreten ethische Positionen – und zwar mit Nachdruck, der nicht auf Folter sondern auf Evidenz beruht. Der bereits zitierte Philosoph Michael Schmidt-Salomon formulierte in seinem Manifest des evolutionären Humanismus diese 10 An(!)gebote:

  1. Diene weder fremden noch heimischen Göttern, sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern!
  2. Verhalte dich fair gegenüber deinem Nächsten und deinem Fernsten!
  3. Habe keine Angst vor Autoritäten, sondern den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!
  4. Du sollst nicht lügen, betrügen, stehlen, töten – es sei denn, es gibt im Notfall keine anderen Möglichkeiten, die Ideale der Humanität durchzusetzen!
  5. Befreie dich von der Unart des Moralisierens! Trage dazu bei, dass die katastrophalen Bedingungen aufgehoben werden, unter denen Menschen heute verkümmern, und du wirst erstaunt sein, von welch freundlicher, kreativer und liebenswerter Seite sich die vermeintliche Bestie Homo sapiens zeigen kann.
  6. Immunisiere dich nicht gegen Kritik! Ehrliche Kritik ist ein Geschenk, das du nicht abweisen solltest.
  7. Sei dir deiner Sache nicht allzu sicher! Zweifle aber auch am Zweifel! Selbst wenn unser Wissen stets begrenzt und vorläufig ist, solltest du entschieden für das eintreten, von dem du überzeugt bist. Sei dabei aber jederzeit offen für bessere Argumente, denn nur so wird es dir gelingen, den schmalen Grat jenseits von Dogmatismus und Beliebigkeit zu meistern.
  8. Überwinde die Neigung zur Traditionsblindheit, indem du dich gründlich nach allen Seiten hin informierst, bevor du eine Entscheidung triffst!
  9. Genieße dein Leben, denn dir ist höchstwahrscheinlich nur dieses eine gegeben!
  10. Stelle dein Leben in den Dienst einer größeren Sache, werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen woll(t)en! Eine solche Haltung ist nicht nur ethisch vernünftig, sondern auch das beste Rezept für eine sinnerfüllte Existenz.

In der zugehörigen Vorbemerkung heißt es:

Die zehn Angebote wurden von keinem Gott erlassen und auch nicht in Stein gemeißelt. Keine dunkle Wolke soll uns auf der Suche nach angemessenen Leitlinien für unser Leben erschrecken, denn Furcht ist selten ein guter Ratgeber. Jedem Einzelnen ist es überlassen, diese Angebote angstfrei und rational zu überprüfen, sie anzunehmen, zu modifizieren oder gänzlich zu verwerfen.

Dekalog

Der Unterschied zu den christlichen 10 Geboten aber auch zu entsprechenden Bevormundungen der jüdischen und islamischen Religion kann eklatanter nicht sein. In diesem Unterschied wird die absolute Überlegenheit des evolutionären Humanismus deutlich: Er kommt ohne Dogmen aus, ruft sogar zur kritischen Distanz zu Dogmen, Autoritäten und Traditionen auf. Mehr noch: Er fordert seine eigene rationale Überprüfung. Dieses ist, wie ich bereits zeigte, eine Position der Stärke.

Ähnlich wie der oben zitierte Philosoph Schmidt-Salomon hat sich auch sein brillanter britischer Kollege Bertrand Russell an einer Aufstellung von 10 Geboten des Liberalismus versucht.

Einen weiteren Gegenentwurf zu den 10 christlichen Geboten stellen die acht Mir wär’s wirklich lieber, Du würdest nicht … des Fliegenden Spaghettimonsters dar.