Exkurs:
kirchliche Pädokriminalität

Vorsicht! Priester

Eine besonders widerliche Form systematischer kirchlicher Verbrechen ist die Vergewaltigung schutzbefohlener Kinder durch Geistliche. Das wird von der Kirche nicht gefordert, wohl aber im Sinne der Vertuschung gefördert. Die Veröffentlichung dieser abscheulichen Verbrechen schadet der Kirche natürlich. Anderseits muss sie Interesse an einer rückhaltlosen Aufklärung vorgeben, um sich nicht ganz zu demaskieren. – Ein Dilemma wie im Fall Galilo.

Prof. Christian Pfeiffer

Die Kirche besinnt sich hier auf ein weiteres Instrument der Inquisition, auf die Zensur. Genau das musste der Chef des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen, Prof. Christian Pfeiffer erfahren. Die römisch-katholische Kirche kündigte die vorher vollmundig angekündigte Zusammenarbeit auf, weil Pfeiffer sich nicht auf Versuche der Manipulation einließ.

Im September 2018 wurde der Versuch einer erneuten wissenschaftlichen Untersuchung der systematischen Pädokriminalität der katholischen Kirche veröffentlicht. Es handelte sich in der Tat nur um einen Versuch: Die früheren und auch die jetzt noch aktiven Vergewaltiger werden nach Kräften durch ihre Organisation gedeckt. Die Mitarbeit der Kirche war sehr wechselnd. In die Original-Akten hatten die Forscher keine Einsicht – aus Gründen des Datenschutzes, wie ebenso dreist wie zynisch behauptet wird. Das Ergebnis der Untersuchung kann also nur die Spitze des Eisberges sein, wie die Forscher betonen. Im Zeitraum von 1946 bis 2014 wurden etwa 38.000 Personalakten untersucht, bei 1.670 Personen fanden sich Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs. Das sei, so die Forscher, eine untere Schätzgröße, die tatsächliche Zahl sei vermutlich in einem nicht unbeträchtlichen Maße höher. Weniger war es sicher nicht […] und das sind Befunde, die niemand mehr in Abrede stellen kann.

Bergoglio, Jorge Mario

Bezeichnend ist, wie die Kirche (gemeint sind die Chefs) reagiert. Der hochgelobte Oberchef, Herr Bergoglio, Künstlername Franziskus oder heiliger Vater meint, es sei unfair, heutige moralische Maßstäbe an frühere Vertuschungen von sexuellen Übergriffen durch Priester anzulegen, da einst(?) jeder Verbrechen verschleiert habe. Und überhaupt sei in diesen Zeiten der Große Ankläger [gemeint ist der Teufel] gegen die Bischöfe losgezogen. Er (der Teufel, nicht etwa der Papst!) wolle die Sünden aufdecken, damit sie jeder sehen kann, aber vor allem um das Volk mit Skandalen zu schockieren, so sagte Herr Bergoglio in einer Predigt im kleinen Kreis im Vatikan.

In der Öffentlichkeit allerdings geben sich die kirchlichen Herren zutiefst betroffen und behaupten gesteigertes Interesse an Aufklärung. Hierzu der oben bereits erwähnte Prof. Christian Pfeiffer: Die ganze verbale Erschütterungsrhetorik, die wir heute zu hören bekommen, überzeugt mich nicht, solange die Kirche nicht konsequent ist und die Dinge wirklich offenlegt.

Ich halte kirchliche Konsequenz für unrealistisch. Offenlegung ist deren Sache wahrhaftig nicht. Das ist, so meine ich, auch gar nicht deren Aufgabe. Das ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft – und zwar zwingend (§152 Abs. 2 StPO).

Jede andere Organisation mit Abhängigkeits- und Machtstrukturen, die ermöglichen, dass tausende von Männern sich jahrzehntelang an abertausenden Kindern und Jugendlichen vergehen konnten, würde aus gutem Grund vom Staat aufgelöst werden, so die SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein. Die Aufklärung kann nicht mehr durch eigene Gutachter oder ohne staatlichen Zugriff auf Archive und Zeugen erfolgen.

Der Generalbundesanwalt

So ist es! Hier darf nicht eine Witzfigur wie der Teufel großer Ankläger sein. Hier ist die Staatsanwaltschaft gefordert. Die Schuldigen sind nicht mehr in eine andere Diözese zu befördern, sondern ins Gefängnis. Die Kirche ist als kriminelle Vereinigung zu entlarven: Die Vergewaltigung von Kindern ist zwar nur jedem 20.(!!!) Geistlichen nachgewiesen worden, die Vertuschung aber geschieht systematisch. Jeder, der von den Verbrechen gewusst hat, ohne sie anzuzeigen, jeder, der aktiv vertuscht hat, ist ebenfalls zu bestrafen – und zwar nach dem Strafgesetzbuch und nicht nach Kirchenrecht.

Die Kirche ist nichts anderes als ein Verein – alt und groß, aber nichts, was außerhalb unserer Gesetze stehen darf. Die historische Unantastbarkeit der Kirchen verführt zu unsagbaren Verbrechen – unsagbar hinsichtlich der schieren Menge (Deschners 10-bändige Kriminalgeschichte des Christentums umfasst nicht umsonst über 5.000 Seiten), unsagbar auch in der Schwere der Untaten – bis heute, ohne erkennbare prinzipielle Änderung. Diese systematische Kriminalität ist zu unterbinden. Der Kirche sind alle Sonderrechte zu nehmen, das für alle geltende Recht ist konsequent anzuwenden. Letztlich – da hat die SPD-Landtagsfraktion völlig recht – ist diese Organisation aus gutem Grund vom Staat aufzulösen.

Auflösung der Kirche? You may say I'm a dreamer. Ich träume sogar weiter: von der Auflösung der Religionen – but I'm not the only one.