Exkurs:
Religionsbegriff

Religion

Der Begriff Religion wird in der Regel vom lateinischen Begriff religio abgeleitet. Das bedeutet Gottesfurcht, Frömmigkeit, Heiligkeit, aber auch Aberglaube.

Eine typisch theologisch-verquaste Definition bestimmt Religion als das das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott (Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, 21.11.(!)1786-12.2.1843, protestantischer Theologe). Hieraus lernen wir, dass es nicht nur Zirkel-Schlüsse, sondern auch Zirkel-Definitionen gibt.

Es gibt aber auch andere Theorien zur Herkunft des Religionsbegriffs. So führt Cicero (106-43 vuZ) das Wort auf relegere zurück. Das bedeutet: (den Tempelkult) wieder (auf)lesen, wieder aufsammeln, wieder aufwickeln.

Lactantius (250-320) führt das Wort religio auf religare = an-, zurückbinden (an Gott) zurück.

Mir selbst gefällt eine moderne Deutung recht gut. Sie leitet Religion von rem ligere, also eine Sache binden ab. So ist es in der Tat. Gebunden wird der Intellekt, geradezu geknebelt, wie der Begriff sacrificium intellectus (Opferung des Verstandes) sehr deutlich macht. Genau das fordert ja auch der Apostel Paulus in seinem 2. Korintherbrief (10, 5):

[Wir reißen] alle hohen Gedankengebäude nieder, die sich gegen die Erkenntnis Gottes auftürmen. Wir nehmen alles Denken gefangen, sodass es Christus gehorcht; […]

Es zeigt sich, dass die Definition des Begriffs Religion nicht ganz einfach ist. Mir scheint, dass drei Kriterien auf Religion zutreffen:

  1. subjektive Gewissheit,
  2. Unkorrigierbarkeit durch Erfahrung und zwingende Schlüsse,
  3. Unmöglichkeit des Inhalts.

Diese drei Kriterien nannte der deutsche Psychiater und Philosoph Karl Jaspers (1883-1969). Er definierte damit allerdings nicht Religion, sondern Wahn. Es ist kein Zufall, dass die Kriterien für beide Begriffe zutreffen.

Mir scheint, dass sich die Funktion der Religion gewandelt hat. War sie früher ein Instrument der Erklärung der Welt, dient sie heute eher der Etikettierung von Weltanschauungen.

Die genannten Kriterien für Religion treffen auch für die Heiligen-Verehrung nicht weniger Despoten zu. Diesem Phänomen habe ich einen Exkurs gewidmet.

Wie man es auch wendet: Religion propagiert offene Feindschaft gegen den Intellekt. Sinn dieses Textes ist nicht zuletzt, diese Kriegserklärung zur Kenntnis zu nehmen und ihr angemessen zu entgegnen. Diese Entgegnung kann für Menschen, die an ihrer Gedankenfreiheit hängen, kaum freundlich sein, wie Richard Dawkins pointiert darlegte.

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