Exkurs:
Suizid

Wikipedia definiert:

Ein Suizid ([…] von lateinisch sui seiner selbst und caedere fällen, niederschlagen, töten) ist die vorsätzliche Beendigung des eigenen Lebens. Synonym werden Selbstmord […] und Freitod verwendet.

Das erstgenannte Synonym, Selbstmord nämlich, wird am häufigsten verwendet – obwohl grundfalsch: Mordmerkmale sind bei einem Freitod nicht vorhanden. Diese sind in § 211 StGB Absatz 2 klar benannt:

Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

Dass ein Suizid zur Befriedigung des Geschlechtstiebs oder aus Habgier begangen wird, ist selbstverständlich absurd. Das gilt auch für die übrigen Mord-Kriterien. Gleichwohl ist bei vielen Menschen das Thema von der Aura des Ruchlosen, des Verbrechens, des Mordes eben, verknüpft. Wesentlichen Anteil daran hat die Kirche. Obwohl die Bibel kaum Stellung bezieht, meinen viele Pfaffen, den Freitod verdammen und den Suizidanten ächten zu müssen. So heißt es im Katechismus der katholischen Kirche:

Das fünfte Gebot verbietet […] den Selbstmord und die freiwillige Beihilfe dazu, weil er ein schwerer Verstoß gegen die rechte Liebe zu Gott, zu sich selbst und zum Nächsten ist.

Schwerer Verstoß bedeutet nach meinem Verständnis Todsünde. Jedenfalls veranlasste dieser Verstoß früher regelmäßig, dem Selbstmörder die Bestattung in der geweihten Erde des Gottesackers zu verwehren und so seine Seele auf ewig der Hölle auszuliefern. Noch heute gibt es Pfaffen, die derartig handeln und damit in christlicher Barmherzigkeit den Suizidanten mit Gewissensnöten zu quälen dessen Angehörigen einen weiteren Tiefschlag zu versetzen.

Diese abscheuliche Einstellung wird unter dem Druck zunehmender Einsicht der Menschen hier und der hieraus zwingend steigenden Kirchenferne von den meisten Pfaffen verlassen. Immerhin – wird sie aber auch nicht retten.

Wie erfreulich dagegen die Haltung Senecas:

Warten müsse man auf das Ende, das die Natur bestimmt hat. Wer das sagt, sieht nicht, dass er den Weg zur Freiheit verschließt. Ich soll warten auf einer Krankheit Grausamkeit oder eines Menschen, obwohl ich in der Lage bin, mitten durch die Qualen ins Freie zu gehen und Widerwärtiges beiseite zu stoßen? Das ist das einzige, weswegen wir über das Leben nicht klagen können: niemand hält es. […] Es gefällt – lebe; es gefällt nicht – du kannst dorthin zurückkehren, woher du gekommen bist.

Meine persönliche Einstellung zum Freitod allgemein möchte ich wie folgt skizzieren:

Was meinen durchaus denkbaren, aber aktuell sicher nicht geplanten Suizid angeht, so habe ich in meiner Patientenverfügung festgelegt:

Für den Fall, dass ich mich zum Suizid entscheide, ist dieser Entschluss unbedingt zu akzeptieren. Ich untersage ausdrücklich jede Maßnahme zur Unterbindung dieser freien Entscheidung, also jeden Versuch der Lebenserhaltung. Die Unterstellung einer Psychose verbitte ich mir. Der Freitod ist für mich eine durchaus denkbare Alternative in ansonsten aussichtslosen Situationen.

Die Wertung als aussichtslos, sei es in medizinischer oder sonstiger Hinsicht (z.B. Bilanz-Suizid, Lebensübersättigung), ist dabei meine ureigenste Angelegenheit. Ausschließlich ich selbst habe über den Sinn meines Lebens zu entscheiden. Jede Einmischung empfinde ich als absolut inakzeptabel.

Zum Thema Tod im Allgemeinen habe ich einen weiteren Exkurs verfasst.